Ältere Häuser aus den 1960er- und 1970er-Jahren stehen heute bei vielen Eigentümern zur Sanierung an. Diese Gebäude haben oft ganz eigene Herausforderungen: In den 60ern spielte Wärmedämmung praktisch keine Rolle – Wände und Dächer sind meist ungedämmt, was zu hohen Wärmeverlusten und Wärmebrücken führt. In den 1970ern kam mit der ersten Wärmeschutzverordnung 1977 zwar eine minimale Dämmung, doch diese entspricht längst nicht heutigen Standards. Hinzu kommen veraltete oder schadstoffhaltige Baustoffe (etwa Asbest in Fassadenplatten oder Holzschutzmittel in Balken) sowie technisch überholte Heizungs-, Sanitär- und Elektroinstallationen. Die gute Nachricht: Viele dieser Häuser haben solide Grundsubstanzen, großzügige Grundrisse und große Fensterflächen – ideale Voraussetzungen für eine gelungene Modernisierung. Im Folgenden zeigen wir Schritt für Schritt, wie Sie die Sanierung eines solchen Altbaus richtig angehen, von der Bestandsaufnahme über die Planung bis zur Finanzierung und Umsetzung.
Typische Probleme von 60er- und 70er-Jahre-Häusern
Bevor wir in die einzelnen Sanierungsschritte einsteigen, lohnt ein kurzer Blick auf die häufigsten Baustellen bei Häusern aus den 1960/70er-Jahren. Diese Baujahre weisen charakteristische Mängel auf, die nahezu immer angegangen werden müssen:
- Wärmedämmung & Fassade: In der Regel fehlt eine wirksame Dämmung komplett oder ist unzureichend. Außenwände und das Dachgeschoss sind kaum isoliert. Häufig treten Wärmebrücken (z.B. Heizkörper-Nischen in Außenwänden) auf, durch die kostbare Heizwärme entweicht. Die Herausforderung ist, das Haus energetisch zu verbessern, ohne seinen architektonischen Charakter zu zerstören. Auch Feuchtigkeitsschäden sind keine Seltenheit – besonders Flachdächer der 60/70er sind oft undicht und sollten dringend erneuert oder abgedichtet werden.
- Fenster & Türen: Häuser bis in die frühen 70er-Jahre besitzen oft Einfachverglasung und undichte Fenster. Ab späten 70ern wurden vermehrt Doppeltverglasungen und hochwertige Mahagoniholz-Rahmen verbaut, die – falls gut gewartet – teils bis heute funktionstüchtig sind. Trotzdem ist ein Fenstertausch häufig sinnvoll, um Energieverluste zu senken und den Wohnkomfort zu steigern.
- Heizung & Haustechnik: Energieeffizienz war damals kein Thema – viele Gebäude hatten Öl- oder Gaskessel mit geringem Wirkungsgrad. Heizkörper sitzen oft unter Fenstern in Außenwandnischen, was die Außenluft „mitheizt“. Heizungsanlagen, die inzwischen 40-50 Jahre alt sind, haben das Ende ihrer Lebensdauer erreicht. Auch die Elektroinstallation (Sicherungskasten, Leitungen) und Wasser-/Abwasserrohre sind häufig veraltet. In den 70ern nahm zudem die Verwendung gesundheitsschädlicher Stoffe zu – z.B. Asbest in Nachtspeicheröfen, Fassadenplatten oder Vinylbodenplatten, Formaldehyd in Spanplatten und PCB in Dichtungsmassen. Solche Altlasten müssen bei der Sanierung fachgerecht erkannt und entsorgt werden.
- Raumaufteilung & Komfort: Grundrisse der 60er sind oft schon großzügig im Wohn-/Essbereich, aber Küche und Bäder sehr klein. Bäder aus dieser Zeit sind häufig veraltet und bieten wenig Komfort (teilweise ohne Fenster in Reihenhäusern der 70er). Hier stehen fast immer eine Badsanierung und ggf. Grundrissänderungen (z.B. Zusammenlegen kleiner Räume) an. Auch Themen wie Tritt- und Schallschutz entsprechen nicht modernen Ansprüchen und können bei einer Kernsanierung verbessert werden.
Diese Übersicht macht klar: Ein 60er/70er-Jahre-Haus energetisch zu sanieren bedeutet meist ein Rundumschlag – von der Gebäudehülle über Fenster bis zur Haustechnik. Entsprechend wichtig ist ein systematisches Vorgehen. Im nächsten Abschnitt starten wir mit dem ersten Schritt: der gründlichen Bestandsaufnahme.
Schritt 1: Bestandsaufnahme und Sanierungsbedarf ermitteln
Am Anfang jeder Altbau-Sanierung steht eine umfassende Begutachtung des Gebäudes. Bevor Sie konkrete Maßnahmen planen, müssen Mängel und Schwachstellen systematisch erfasst werden. Hierbei sollten Sie unbedingt Fachleute hinzuziehen: Ein Bausachverständiger oder Energie-Effizienz-Experte kann den Zustand des Hauses fachkundig beurteilen. Viele Schäden sind mit bloßem Auge erkennbar – etwa ein undichtes Dach, sichtbarer Schimmel an Wänden/Decken, marode Fensterrahmen oder feuchte Kellerwände. Andere Probleme bleiben Laien jedoch verborgen, z.B. überlastete Elektroleitungen, altersschwache Heizungen oder versteckte Feuchtigkeit in der Bausubstanz.
Typische Prüfpunkte: Gehen Sie gemeinsam mit dem Gutachter alle wichtigen Bauteile durch. Eine Checkliste kann helfen, nichts zu vergessen:
- Dach: Ist die Dacheindeckung dicht? Gibt es Schäden an Dachstuhl oder Dachbalken (z.B. Fäulnis, Schädlingsbefall)? Gerade Dachbalken aus den 60ern können bei Feuchtschäden marode sein und hohe Folgekosten verursachen. Auch die Dämmung (falls vorhanden) der obersten Geschossdecke prüfen – oft ist sie unzureichend oder fehlt ganz.
- Keller und Fundamente: Ist der Keller trocken oder sind Feuchtigkeitsspuren erkennbar? (Tipp: Eine einfache Feuchtemessung der Wände kann Aufschluss geben.) Risse im Fundament oder Mauerwerk deuten auf Setzungen hin.
- Fassade & Außenwände: Prüfen Sie Putz, Mauerwerk und ggf. vorhandene Dämmung. In den 70er-Jahren wurden erste Dämmmaterialien verbaut, die heute oft erneuert werden müssen. Achten Sie auf Wärmebrücken (z.B. Betonstürze ohne Dämmung, Rollladenkästen) und auf Schadstoff-belastete Materialien wie alte Fassadenplatten (Asbestverdacht).
- Fenster & Türen: Alter und Zustand der Fensterrahmen und Verglasung aufnehmen. Einfachverglaste Fenster aus den 60ern sollten nahezu immer ersetzt werden. Doppeltverglaste Holzfenster aus den späten 70ern können, falls gut erhalten, eventuell noch bleiben. Zugluft oder Kondenswasser an Scheiben sind Warnsignale.
- Heizung & Lüftung: Wie alt ist der Heizkessel? Öl- und Gasheizungen haben meist eine zulässige Betriebsdauer von ~30 Jahren – darüber hinaus schreibt das Gebäudeenergiegesetz (GEG) den Austausch vor. Notieren Sie Baujahr und Typ der Heizung. Veraltete Nachtspeicheröfen (oft asbesthaltig) müssen ausgetauscht werden. Gibt es keine zentralen Lüftungsanlagen, planen Sie ggf. eine Lüftung nachzurüsten, denn nach neuen Dämmmaßnahmen ist ausreichende Frischluft wichtig, um Schimmelbildung zu verhindern.
- Elektro & Sanitär: Schauen Sie in den Sicherungskasten – gibt es moderne Leitungsschutzschalter (Automaten) oder noch alte Schraubsicherungen? Viele Altbauten haben unterdimensionierte elektrische Anlagen, was Brandgefahr bergen kann. Ebenso sollten Wasserleitungen (Korrosion in alten Stahlrohren) und Abwasserrohre geprüft werden. Tropfende oder bleierne Leitungen gehören ersetzt.
- Innenräume & Schadstoffe: Gibt es sichtbaren Schimmel oder Hausschwamm (Pilzbefall) im Gebälk? Welche Bodenbeläge sind verlegt – in den 60/70ern wurden teils PVC-Beläge und Kleber mit Asbest verwendet. Falls Holzvertäfelungen vorhanden sind: alte Holzschutzmittel könnten PCP oder Lindan enthalten. Gegebenenfalls sollte eine Schadstoffanalyse erfolgen, um bei der Sanierung Schutzmaßnahmen einzuplanen. Auch auf eventuelle Altlasten im Grundstück (z.B. alte Öltanks, kontaminierter Boden) achten.
Expertentipp: Parallel zur Bestandsaufnahme empfiehlt sich eine Energieberatung (Vor-Ort) durch einen zertifizierten Energieberater. Dieser erstellt idealerweise einen individuellen Sanierungsfahrplan (iSFP) für Ihr Gebäude. In diesem Sanierungskonzept werden alle empfohlenen Maßnahmen und deren Reihenfolge aufeinander abgestimmt und priorisiert. Außerdem erhalten Sie eine grobe Kostenabschätzung sowie Hinweise zu Einsparpotenzialen. Die Energieberatung selbst wird vom Staat bezuschusst – das BAFA fördert die Energieberatung für Wohngebäude (EBW) mit 50 % der Kosten (bis zu 650 € für Ein-/Zweifamilienhäuser). Das Ergebnis, der Sanierungsfahrplan, ist nicht nur ein wertvoller Leitfaden, sondern bringt Ihnen später 5 % Extra-Förderung, wenn Sie empfohlene Maßnahmen umsetzen.
Nicht zuletzt: Klären Sie früh, ob gesetzliche Pflichten bestehen. Beim Eigentümerwechsel alter Häuser schreibt das GEG z.B. die Dämmung der obersten Geschossdecke und den Austausch alter Heizkessel (>30 Jahre) vor. Auch Denkmalschutz-Auflagen (bei eventuell denkmalwürdigen 60er-Jahre-Bauten) sind zu beachten. Haben Sie all diese Informationen gesammelt, können Sie auf solider Basis entscheiden, welche Sanierungsmaßnahmen nötig und sinnvoll sind. Damit geht es über in den nächsten Schritt – die detaillierte Planung.
Schritt 2: Sanierungsplanung und sinnvolle Reihenfolge festlegen
Mit der Bestandsaufnahme in der Hand folgt Schritt 2: ein durchdachter Sanierungsplan. Jetzt gilt es, die erforderlichen Maßnahmen in eine sinnvolle Reihenfolge zu bringen und ein Gesamtkonzept zu erstellen. Eine gründliche Planung im Vorfeld verhindert teure Fehler – denn Pfusch oder die falsche Abfolge der Arbeiten „gehen schmerzhaft ins Geld“.
Prioritäten setzen: Überlegen Sie, was zuerst angegangen werden muss. Oberste Priorität haben kritische Mängel, die die Bausubstanz gefährden oder die bewohnt Sicherheit beeinträchtigen. Dazu zählen z.B. ein undichtes Dach, gravierende Feuchtigkeitsschäden, Schimmelbefall oder marode Elektroleitungen (Brandgefahr). Solche Probleme sollten sofort behoben werden – noch vor einer energetischen Modernisierung im engeren Sinne.
Ansonsten richtet sich die Reihenfolge in Altbauten oft nach dem Prinzip „Gebäudehülle vor Haustechnik“. Konkret: Dach und Fassade dämmen, Fenster erneuern – erst dann die Heizung austauschen. Der Grund: Eine neue Heizungsanlage sollte an den künftigen Wärmebedarf angepasst sein. Dämmung und moderne Fenster senken den Heizwärmebedarf drastisch; würde man zuerst den Kessel tauschen, dimensioniert man ihn womöglich zu groß. Deshalb: erst das Haus dicht und warm machen, danach eine kleinere, effizientere Heizung einbauen. Auch innerhalb der Gebäudehülle gibt es sinnvolle Abfolgen – oft wird oben nach unten gearbeitet: zunächst das Dach oder oberste Geschossdecke, dann die Außenwände, zuletzt eventuell die Kellerdecke/Fußboden. So stellen Sie sicher, dass keine bereits fertiggestellte Dämmung durch späteres Arbeiten beschädigt wird und dass z.B. die neue Fassadendämmung nahtlos an eine gedämmte Dachfläche anschließt.
Ganzheitlich vs. Schrittweise: Entscheiden Sie, ob Sie eine Komplettsanierung in einem Rutsch durchführen oder etappenweise über mehrere Jahre sanieren wollen. Beides hat Vor- und Nachteile. Die Komplettsanierung (z.B. zum KfW-Effizienzhaus-Standard) kann ideal aufeinander abgestimmt und in kurzer Zeit umgesetzt werden, erfordert aber hohe Investitionen auf einmal und oft eine Auszugszeit. Eine schrittweise Sanierung verteilt die Kosten, muss aber besonders gut geplant werden, damit die Gewerke aufeinander abgestimmt sind und keine Zwischenlösungen nötig werden. Ein individueller Sanierungsfahrplan hilft hier, die Maßnahmenpakete zeitlich aufeinander aufbauend zu planen. Wichtig ist, dass Sie auch bei jahrelanger Umsetzung das Endziel nicht aus den Augen verlieren – beispielsweise kann man zunächst das Dach dämmen und einige Jahre später die Fassade; aber es sollte vermieden werden, dass am Ende doch die Heizung zweimal angefasst werden muss, weil man doch etwas anders macht als ursprünglich gedacht.
Planungsteam einbeziehen: Je nach Umfang empfiehlt es sich, professionelle Planer hinzuzuziehen. Bei größeren Umbauten oder einer Kernsanierung ist die Einbindung eines Architekten sinnvoll. Dieser kann nicht nur die Baupläne zeichnen, sondern auch die Koordination verschiedener Fachingenieure übernehmen (Statiker, Energieberater, etc.). Ein Architekt oder Bauingenieur hilft außerdem bei eventuell notwendigen Genehmigungen. Viele Modernisierungen im Bestand sind verfahrensfrei, aber bei Eingriffen in die Statik (z.B. Durchbruch tragender Wände oder neue Dachgauben) ist eine Baugenehmigung erforderlich. Ebenfalls wichtig: Planen Sie von Anfang an die technische Gebäudeausrüstung mit. Wenn z.B. eine kontrollierte Wohnraumlüftung eingebaut werden soll, muss das schon berücksichtigt werden, bevor Sie die Decken schließen oder Dämmung anbringen. Gleiches gilt für die Platzierung einer Wärmepumpe außen, der Verrohrung neuer Heizkreise, Solarthermie auf dem Dach, Verkabelung für Smart-Home etc. – all das gehört in die Planung, damit es später nahtlos integriert werden kann.
Am Ende von Schritt 2 steht ein konkreter Sanierungsfahrplan für Ihr Haus: Sie wissen, welche Gewerke in welcher Abfolge anstehen, welche Materialien/Techniken zum Einsatz kommen sollen, und haben idealerweise schon einen Energie-Effizienz-Experten konsultiert, der bestätigt, dass die geplanten Maßnahmen energetisch sinnvoll aufeinander abgestimmt sind. Mit diesem Plan in der Hand geht es nun an die Finanzierung und Angebotseinholung.
Schritt 3: Angebote einholen und Kosten kalkulieren
Sind die Sanierungsmaßnahmen definiert, geht es im dritten Schritt darum, Handwerkerangebote einzuholen und die Kosten im Detail zu ermitteln. Dieser Schritt ist entscheidend für Ihre Finanzierungsplanung – oft zeigen sich jetzt erst die tatsächlichen Aufwendungen für jedes Gewerk.
Gewerke und Fachfirmen: Listen Sie alle Gewerke auf, die an der Sanierung beteiligt sind, z.B. Dachdecker, Fassadenbauer, Fensterbauer, Heizungsinstallateur, Elektriker, Sanitärinstallateur, Maler/Trockenbauer usw. Für jedes dieser Gewerke sollten Sie möglichst mehrere Angebote von qualifizierten Fachbetrieben aus Ihrer Region einholen. Gerade bei umfangreichen Sanierungen empfiehlt sich ein strukturiertes Vorgehen: Erstellen Sie ein Leistungsverzeichnis oder eine genaue Beschreibung der gewünschten Arbeiten, damit alle Firmen auf der gleichen Basis anbieten. Ein Architekt oder Energieberater kann bei der Ausschreibung helfen und dafür sorgen, dass die Angebote vergleichbar sind.
Kosten realistisch einschätzen: Die Bandbreite der Sanierungskosten ist groß und hängt vom Zustand des Gebäudes sowie dem gewünschten Standard ab. Als grober Richtwert werden für eine umfassende Altbau-Modernisierung (ohne Luxus) oft 600–1.600 € pro Quadratmeter Wohnfläche genannt. Diese Spanne zeigt: Jedes Projekt ist individuell. Durch die Angebotsphase konkretisieren Sie diese Werte für Ihr Haus. Achten Sie in Angeboten auf detaillierte Posten (Material, Arbeitsstunden, Nebenleistungen wie Gerüst, Entsorgung von Altmaterial etc.). Planen Sie auch Puffer ein – erfahrungsgemäß treten im Altbau immer wieder unvorhergesehene Zusatzarbeiten auf (z.B. doch marode Leitungen, die man erst während der Bauarbeiten entdeckt). 10–20 % Reserve einzuplanen, ist ratsam.
Vergleich und Verhandlung: Vergleichen Sie die eingegangenen Angebote nicht nur nach dem Preis, sondern auch nach Leistung. Der günstigste Anbieter ist nicht immer der beste – schauen Sie auf enthaltene Positionen und Garantiezeiten. Sie können mit den Handwerkern auch Alternativen besprechen: Vielleicht gibt es günstigere Materialvarianten oder Synergien, wenn ein Betrieb mehrere Gewerke übernimmt. Wichtig ist, sich Referenzen der Betriebe anzusehen, gerade wenn es um komplexe Arbeiten wie Dämmung oder Heizungstechnik geht – Pfusch muss unbedingt vermieden werden.
Behördliche Auflagen: In Schritt 3 sollten Sie auch prüfen, ob für bestimmte Maßnahmen behördliche Genehmigungen oder Anzeigen erforderlich sind. Viele energetische Modernisierungen (Dachdämmung, Fenstertausch, Heizungseinbau) sind genehmigungsfrei, solange Sie die äußere Gestalt nicht wesentlich ändern. Bei Baudenkmalen braucht jedoch jede Veränderung eine Erlaubnis der Denkmalschutzbehörde. Auch wenn Sie z.B. die Gebäudenutzung ändern (etwa einen Dachboden zu Wohnraum ausbauen), kann eine Genehmigung nötig sein. In der Angebotsphase lässt sich das parallel klären, damit später keine Verzögerungen eintreten.
Am Ende dieses Schritts sollten Ihnen belastbare Kostenaufstellungen vorliegen. Jetzt wissen Sie, wie viel Ihre Altbau-Sanierung ungefähr kosten wird und können die Finanzierung final aufstellen. Zudem können Sie anhand der Angebote entscheiden, welche Firmen den Zuschlag erhalten. Tipp: Bevor Sie Verträge unterschreiben, machen Sie sich mit den geplanten Fördermitteln (nächster Schritt) vertraut – denn Zuschüsse und Kredite müssen beantragt werden, bevor Sie die Handwerker beauftragen oder den Bau beginnen!
Schritt 4: Finanzierung klären und Fördermittel nutzen
Finanzierung und Förderung gehen bei der Altbausanierung Hand in Hand. Angesichts der oft hohen Kosten (ein fünfstelliger bis sechsstelliger Betrag je nach Umfang) sollten Sie keinesfalls auf staatliche Förderprogramme verzichten. In Deutschland gibt es ein ganzes Förderdickicht – doch keine Sorge, wir bringen Licht ins Dunkel und zeigen die wichtigsten aktuellen Programme für 2024/2025.
Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG): Dies ist der zentrale Förderrahmen, unter dem die meisten Programme laufen. Für Wohngebäude gibt es zwei Hauptwege: Einzelmaßnahmen (BEG EM) und Effizienzhaus-Komplettsanierung (BEG WG). Seit 2024 gilt eine reformierte Förderung:
- Einzelmaßnahmen: Darunter fallen z.B. Heizungstausch, Dämmung, Fenstertausch, Haustür, Lüftungsanlage, Heizungsoptimierung etc. Die Zuständigkeiten sind aufgeteilt: Heizungstausch-Förderung läuft komplett über die KfW (Programm Renewable Ready?), während Gebäudehülle, Anlagentechnik (außer Heizung) und Heizungsoptimierung weiterhin über das BAFA als Zuschuss abgewickelt werden. Als privater Eigentümer können Sie beim Heizungstausch (z.B. Ölkessel gegen Wärmepumpe) bis zu 70 % Zuschuss erhalten – das Maximum erreicht man mit Boni, z.B. 30 % Grundförderung + 20 % Klima-Bonus (für den Austausch eines funktionierenden Alt-Kessels vor Ablauf der Frist) + 20 % Einkommensbonus (für Haushalte unter bestimmtem Einkommen). Zusätzlich gibt es die Möglichkeit eines zinsgünstigen KfW-Kredits bis 120.000 € für Heizungen. Für Dämmung, Fenster, Lüftung etc. sind bei Einzelmaßnahmen Zuschüsse bis 20 % der Kosten möglich (Basis 15 % + 5 % iSFP-Bonus). Pro Wohneinheit werden Kosten bis 30.000 € pro Maßnahme gefördert, mit Sanierungsfahrplan verdoppelt sich dieser Rahmen auf 60.000 €. Neu seit 2024 ist auch ein Ergänzungskredit KfW 358/359, den Sie zusätzlich zu den Zuschüssen aufnehmen können, um Restkosten zu finanzieren. Wichtig: Für alle Einzelmaßnahmen (außer Heizungstausch) kann man wählen zwischen BAFA-Zuschuss oder KfW-Kredit mit Tilgungszuschuss – je nachdem, ob man lieber direkt Geld ausgezahlt bekommen möchte oder einen geförderten Kredit nutzt.
- Komplettsanierung zum Effizienzhaus: Wenn Sie Ihr Haus umfassend sanieren und damit einen Effizienzhaus-Standard erreichen (z.B. Effizienzhaus 70, 55 oder 40), kommt die KfW ins Spiel (Programm Wohngebäude Kredit 261). Hier erhalten Sie Kredite mit Tilgungszuschuss. Je besser der erreichte Energiestandard, desto höher der Zuschuss: von 20 % (EH 100 oder Denkmal) bis 45 % (EH 40 Erneuerbare-Energien-Klasse) des Kreditbetrags als Tilgungszuschuss. Pro Wohneinheit sind bis zu 120.000 € Kredit beantragbar (bzw. 150.000 € bei EE-Klasse, d.h. wenn ein Teil der Wärme aus erneuerbaren Energien kommt). Die Planung und Baubegleitung durch einen Energie-Effizienz-Experten ist hier Pflicht – und wird ebenfalls bezuschusst: 50 % der Kosten, bis 5.000 € Zuschuss gibt es für die Fachplanung/Baubegleitung im Effizienzhaus-Programm.
Steuerbonus als Alternative: Falls Sie keine direkte Förderung in Anspruch nehmen (manchmal entscheidet man sich dagegen, etwa um bürokratischen Aufwand zu sparen), gibt es die steuerliche Förderung gemäß §35c EStG. Sie können 20 % der Sanierungskosten von der Einkommenssteuer absetzen, verteilt über drei Jahre. Maximal sind so 40.000 € Steuerermäßigung pro Objekt möglich. Dieser Steuerbonus lohnt vor allem für Eigentümer mit höherer Steuerlast. Wichtig: Eine Kombination von Steuerbonus und BEG-Förderung ist nicht möglich – man muss sich entscheiden. Zudem setzt der Steuerabzug voraus, dass Fachunternehmen die Arbeiten ausführen (DIY-Leistungen zählen nicht) und ein Energieberater die Sanierung als energetisch sinnvoll bestätigt.
Regionale Förderungen: Neben den Bundesprogrammen von BAFA und KfW bieten auch Bundesländer und teils Kommunen zusätzliche Zuschüsse oder Kredite. Ein paar Beispiele: In Niedersachsen gewährt die NBank zinslose Darlehen bis 50.000 € (bis zu 85 % der Kosten) für Familien mit Kindern im Haushalt, um energetische Sanierungen zu unterstützen. Baden-Württemberg hat ein Programm „Kombi-Darlehen Wohnen“, das KfW-BEG-Kredite ergänzt und für Effizienzhaus 55 einen Bonus von 2.000 €, für EH40 4.000 € auszahlt. Hessen stockt KfW-Zuschüsse je nach Effizienzhaus-Standard um bis zu 18.000 € auf. Bayern förderte im „EnergieBonusBayern – 10.000 Häuser-Programm“ innovative Heiz-/Speichersysteme mit Zuschüssen (z.B. bis 9.000 € TechnikBonus) – prüfen Sie, ob dieses oder ähnliche Landesprogramme aktuell verfügbar sind. Auch einzelne Städte (z.B. München, Hamburg, Stuttgart) haben Klimaschutz-Förderprogramme für private Sanierer. Es lohnt sich also, bei Ihrer Landesbank oder Kommune nach regionalen Fördermitteln zu fragen. Energieberater oder spezielle Förderdatenbanken (z.B. der FördermittelCheck der Verbraucherzentrale) können einen Überblick geben.
Finanzierungsplan aufstellen: Sobald Sie wissen, welche Fördermittel Sie nutzen wollen, erstellen Sie den konkreten Finanzierungsplan. Meist besteht dieser aus Eigenkapital, eventuell einem Bankdarlehen und den genannten Förderzuschüssen/-krediten. Klären Sie mit Ihrer Hausbank, ob sie KfW-Kredite einbindet – in der Regel werden KfW-Darlehen über die Hausbank beantragt. Wichtig ist, die Anträge auf Förderung vor Baubeginn zu stellen. Ein Energieberater (EEE) muss oft mit involviert sein, insbesondere für BAFA-Zuschussanträge (er stellt eine technische Projektbeschreibung aus). Sobald die Zusagen vorliegen, können Sie grünes Licht für die Umsetzung geben. Jetzt heißt es: Ran an die Sanierung!
Schritt 5: Sanierung umsetzen und Qualität sichern
Nach Planung, Angebot und Finanzierung geht es endlich an die praktische Umsetzung Ihrer Haussanierung. In diesem fünften Schritt wird aus der Theorie Realität: Die einzelnen Gewerke führen die Arbeiten aus, und Ihr Haus verwandelt sich Schritt für Schritt vom energetischen Sanierungsfall zum modernen Zuhause. Damit alles reibungslos verläuft, sind Koordination und Qualitätskontrolle das A und O.
Bauleitung und Timing: Stellen Sie sicher, dass jemand die Bauleitung/Baubegleitung übernimmt – sei es ein beauftragter Bauleiter, Architekt oder Ihr Energie-Effizienz-Experte. Diese Fachperson koordiniert die Handwerker, überwacht die Ausführung und achtet darauf, dass die richtige Reihenfolge der Arbeiten eingehalten wird. Beispielsweise muss vor der Fassadendämmung der Rohbau vorbereitet sein, Fenster sollten idealerweise vor oder zusammen mit der Dämmung getauscht werden, und die neue Heizung kommt erst zum Schluss zum Einsatz, wenn Dach und Wände gedämmt sind (Übergangsweise kann die alte Heizung bis dahin weiterlaufen, sofern möglich). Ein Bauleiter plant solche Abläufe und verhindert, dass Gewerke sich gegenseitig behindern oder Schäden an bereits erledigten Arbeiten entstehen.
Qualitätssicherung: Überwachen Sie – oder der von Ihnen beauftragte Experte – die Arbeiten laufend. Wichtig ist, dass z.B. die Dämmung korrekt und lückenlos eingebaut wird (Vermeidung von Wärmebrücken), die Luftdichtheit gegeben ist (anschließender Blower-Door-Test empfehlenswert, um Lecks aufzuspüren), und dass die Anlagentechnik einwandfrei installiert und eingestellt wird. Bei der Heizungsmodernisierung sollte unbedingt ein hydraulischer Abgleich der Heizkörper erfolgen, damit das System effizient und ohne Überversorgung einzelner Bereiche läuft. Viele Förderprogramme schreiben den hydraulischen Abgleich ohnehin vor – achten Sie darauf, dass Ihr Heizungsbauer eine Bestätigung dafür liefert. Auch andere technische Nachweise müssen am Ende geführt werden, etwa ein Schornsteinfeger-Abnahmeprotokoll für die neue Heizung oder Prüfprotokolle für die Elektroinstallation.
Schadstoffentsorgung und Arbeitsschutz: Bei der Sanierung eines 60er/70er Hauses ist es sehr wahrscheinlich, auf Schadstoffe zu stoßen (Asbest, alte Glaswolle, etc.). Vergewissern Sie sich, dass beauftragte Firmen bei Bedarf zertifizierte Schadstoffsanierer hinzuziehen. Asbesthaltige Baustoffe dürfen nur von Fachbetrieben unter Einhaltung strikter Schutzvorschriften entfernt und entsorgt werden. Ähnliches gilt für PCB-haltige Materialien oder mit Holzschutzmitteln belastetes Gebälk. Hier steht die Sicherheit an erster Stelle – für die Arbeiter und die Bewohner.
Dokumentation und Fördernachweis: Dokumentieren Sie den Baufortschritt. Machen Sie Fotos von wichtigen Zwischenständen (z.B. bevor Dämmung verkleidet wird, von verlegten Leitungen vor dem Schließen der Wände etc.). Lassen Sie sich Rechnungen detailliert ausstellen. Für die Auszahlung von Fördermitteln benötigen Sie Nachweise: Bei BAFA-Zuschüssen muss der Energie-Effizienz-Experte nach Abschluss einen technischen Projektnachweis erstellen, der bestätigt, dass alles gemäß den Förderkriterien umgesetzt wurde. Erst danach wird der Zuschuss ausgezahlt. Bei KfW-Krediten ist ähnlich eine Bestätigung des Experten nötig, dass der Effizienzhaus-Standard erreicht wurde. Halten Sie alle Unterlagen bereit (Rechnungen, Fachunternehmererklärungen), um die Beantragung der Auszahlung reibungslos zu ermöglichen.
Abnahme und Nachjustieren: Zum Abschluss sollten alle Gewerke eine Abnahme durchlaufen. Zusammen mit dem Bauleiter oder Sachverständigen prüfen Sie, ob alle Arbeiten mängelfrei erledigt wurden. Jetzt ist die Zeit, eventuell noch Nachbesserungen einzufordern, bevor die letzte Zahlung erfolgt. Nach dem Einzug bzw. Inbetriebnahme der neuen Technik beobachten Sie in den ersten Monaten das Haus genau: Gibt es irgendwo Feuchteflecken (Hinweis auf Wärmebrücken oder Lecks)? Funktioniert die Heizung optimal in allen Räumen? Stimmen die Einstellungen der Lüftungsanlage (falls vorhanden)? Oft lohnt nach einer Heizperiode ein Feintuning der Anlagen – viele Fachbetriebe bieten einen kostenfreien Service-Check nach einigen Monaten an.
Am Ende von Schritt 5 werden Sie die Verwandlung Ihres Altbaus deutlich spüren: bessere Energieeffizienz, höherer Wohnkomfort, gesundes Raumklima und gesteigerter Immobilienwert. Und Sie können zufrieden sein, eine nachhaltige Modernisierung geschafft zu haben – nicht zuletzt ein Beitrag zum Klimaschutz durch ein energieeffizientes Zuhause.
Fazit
Die Sanierung eines Hauses aus den 1960er- oder 1970er-Jahren ist ohne Frage ein anspruchsvolles Vorhaben – doch mit der richtigen Planung in fünf systematischen Schritten wird daraus ein erfolgreiches Projekt. Jede Phase, von der ersten Bestandsaufnahme bis zur finalen Abnahme, trägt zum Gelingen bei. Wichtig ist, sich Expertise zu holen, die besonderen Herausforderungen dieser Baujahre zu kennen und die zahlreichen Fördermöglichkeiten auszuschöpfen. Wenn Sie strukturiert vorgehen, technische (auch gern mal komplexe) Details nicht scheuen und Schritt für Schritt die Sanierung angehen, wird aus dem in die Jahre gekommenen Altbau schon bald ein modernes, energieeffizientes Zuhause. Grundsätzlich gilt: Beginnen Sie mit einer professionellen Energieberatung und einem Sanierungsfahrplan – die richtige Reihenfolge der Maßnahmen entscheidet maßgeblich über den Sanierungserfolg und den gewonnenen Wohnkomfort. Mit diesem Wissen und den oben beschriebenen Schritten sind Sie bestens gerüstet, Ihr Sanierungsprojekt kompetent und erfolgreich umzusetzen. Viel Erfolg bei der Altbau-Sanierung!
Quellen: Die Informationen in diesem Leitfaden wurden sorgfältig recherchiert und mit aktuellen Quellen untermauert, u.a. Veröffentlichungen von Energieagenturen, Expertenratgebern und Fördermittelgebern (BAFA/KfW). Beispielsweise stammen detaillierte Sanierungstipps für 60er/70er-Jahre-Häuser von energie-fachberater.de, Hinweise zu Sanierungsplanung und typischen Mängeln von Gutachter-Webseiten heid-immobilienbewertung. Förderinformationen aus offiziellen Förderratgebern energie-fachberater.de sowie Checklisten und Praxisbeispiele aus Experteninterviews schoener-wohnen.de.





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